Mischerei - Tagebuch

Dieses online - Tagebuch ist (ein-)mischbar, wie ein gemütliches Gespräch an der Bar;
das Wichtigste ist der Genuss,
so purely enjoy, db

Dienstag, 23. Februar 2010

Fastenzeit

Am Dienstagabend vor dem Aschermittwoch lief ein großer Schluck kremigen und öligen Dimple 15 y. in mein Glas.
Mit geschlossenen Augen ließ ich ihn mit vollem Genuss meine Kehle benetzen und spürte die Wärme in meinem ganzen Körper.
Ein gediegener Abschluss nach 11 Monaten fast täglichem Genusses feinster Spirituosen, Weine, Biere und Cocktails.
Die tägliche Berührung mit feinsten Alkoholika gehört mittlerweile seit 15 Jahren fest zu meinem Beruf.
Irgendwann schloss ich mal eine Parallele zum Musiker, der auch seine Noten täglich benötigt, um feinste Kompositionen zu kreieren oder sein Wissen an andere vermittelt, um seinen Lebensunterhalt damit zu bestreiten.

Auch ich muss meine Noten kennen, neue Noten kennenlernen, experimentieren, welche miteinander in Einklang oder Dissonanz stehen, und auch darüber berichten können.

Wenn der berufliche Alltag diesen Umgang mit einer Droge fordert, wird man (manchmal) auch mit einer kleinen Angst konfrontiert: "kann ich auch noch ohne???"

Vor fünf Jahren habe ich das erste mal meine persönliche Art der Fastenzeit in Angriff genommen. Hat sieben Tage funktioniert, dann hatte ein Freund Geburtstag, im zweiten Jahr war ich zum ersten mal auf der Prowein - Messe in Düsseldorf, ich konnte den 2000 offenen Verkostungsflaschen edler Weine nicht widerstehen, und war nach drei Wochen Abstinenz um 11.30 Uhr derart knülle, dass ich nicht zum Bahnhof gefunden habe und schließlich den nächstbesten Zug bestieg, der in Bonn endete, obwohl ich eigentlich nach Essen sollte.
Während meines dritten Versuches wurde das Casino Duisburg eröffnet, wovon ich heute noch einen sechswöchigen "Privatleben - Blackout" habe, zeitweise vor lauter Aufgaben stundenweise in der Umkleide geschlafen und geduscht habe. Somit kam ich auch dieses Mal nicht über die zweiwochen Marke, ohne dem Alkohol zu begegnen.
Im letzten Jahr, es sah vielversprechend aus, ich hatte schon fast 28 Tage ohne alkoholische Versuchung überstanden, war ich zu "Feuer & Flamme", der Spirituosenverkostung der französchisen Botschaft eingeladen, was auch wieder ein rauschendes Notenfest war ;~}

Dies´ ist nun also mein fünfter Versuch meine persönliche Interpretation der 40 Tage Jesu Christi, in der Wüste den Versuchungen des Teufels zu widerstehen, entgegenzustreben.

In der heutigen Gesellschaft, und gerade auch in meinem Beruf, ist es nicht ganz einfach, der Versuchung zu widerstehen.

Eine Einladung für die diesjährige Pro - Wein hatte ich vor drei Tagen im Briefkasten (Engel rechts, Teufel links, lechts. Ja, Nein, ich mein´ äh JEIN).

Selbstverständlich werde ich hinfahren, und vielleicht das neue Sortiment von Giffard Sirups, die alkoholfreien unter den 2000 Verkostungsweinen genießen, und mich auf die Suche nach alkoholfreien Sherrys, Ports, Trestern und weiteren Illusionen hingeben und die Spirituosenhalle ganz meiden...

Nicht im Traum!!! Ich liebe meinen Beruf (ein klein wenig im Auftrag des Teufels zu handeln ;-)), ich liebe den Genuss (gerade denjenigen, den ich im Himmel von Herzen her vermissen würde), ich möchte dazulernen (studieren geht über probieren!!) und viele nette Leute aus meinem Berufsfeld treffen (von denen wahrscheinlich kaum einer bei den Messdienern war).
Es gibt halt Ausnahmen, die die Regel bestätigen, die Sünde gehört nunmal zum täglichen Leben dazu, aber aus all´meinen (bisher gescheiterten) Versuchen weiß ich, dass ich nicht nach zwei Tagen mit Schüttelfrost und Brechreiz oder sonstigen Entzugserscheinungen im abgedunkelten Zimmer liege und mich ununterbrochen übergebe.

Diese Art der Selbstbestätigung erfolgte aus Selbstkritik und Selbstschutz, jedes Jahr aufs neue, und ich bin froh in einem "Drogenhändlerberuf", einen klaren Kopf bewahren zu können und dies´ auch noch zu vertreten.

Amen

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